Lenkpause für Körper und Seele: Im Einsatz für Fernfahrer
Die Fernfahrer auf deutschen Autobahnen – viele stammen aus Osteuropa – sind meist alleine und isoliert. Ihre Arbeitsbedingungen sind schwierig, die Arbeit im Logistiksektor ist hart, der Termindruck ist gestiegen, ständige Kontrollen und lange Arbeitszeiten sind die Regel. Untereinander haben die LKW-Fahrer kaum die Zeit und die Möglichkeit sich auszutauschen.
Kirche trifft Arbeitswelt
Engagierte Geistliche der Diözese Freiburg hatten die Idee, sich ihrer anzunehmen, ihnen Solidarität und Unterstützung zu bieten. Gianfranco Rizzuti, der dortige Referent für Arbeitnehmerseelsorge, initiierte daraufhin das einzigartige Projekt "Lenkpause für Körper und Seele".
Zusammen mit über 50 Ehrenamtlichen knüpfte er im April und Oktober 2018 jeweils an einem Wochenende Kontakt zu Fernfahrern an der Autobahnkapelle der Raststätte Hegau-West in der Nähe des Bodensees. Trotz anfänglicher Skepsis kamen die "Lenkpausen" mit Kulturprogramm, Musik, ökumenischem Gottesdienst, Gesprächen, Information, medizinischer Beratung und Mittagessen bei den rund 700 Fernfahrern sehr gut an.
"Bei den Lenkpausen kam es zu vielen Gesprächen und Begegnungen mit den Fernfahrern. Am Anfang war deren Skepsis groß, denn sie sind nicht daran gewöhnt, dass jemand sie und ihre Arbeit wertschätzt, ihnen zuhört, ihre Ängste und Sorgen ernst nimmt, ihre Erfahrungen und Erlebnisse mit ihnen teilen will," sagt Rizzuti.
Die Jury des "Innovatio-Sozialpreises", in der Vertreter(innen) von Caritas und Diakonie sitzen, zeichnete das Projekt 2019 mit dem 1. Preis aus. Das Video-Porträt zeigt mehr dazu:
innovatio-Sozialpreis 2019 für den innovativen Ansatz
"Lenkpause" ist ein Projekt, das es noch in keiner deutschen Diözese gegeben hat. Hier wird die bislang wenig beachtete Berufsgruppe der Fernfahrer aus verschiedenen Nationen in den Fokus gerückt. Zudem werden Ehrenamtliche zu ökumenischer und institutionsübergreifender Zusammenarbeit motiviert, sie stammen aus den Katholischen, Evangelischen und Neuapostolischen Kirchengemeinden der Region sowie aus Gewerkschaften und Betriebsräten.
Ihr Engagement erschließt neue, bislang unvertraute Arbeitsbereiche, um so Kirche an andere Orte zu tragen. Die Ehrenamtlichen sind aber nicht nur Gesprächspartner(innen) und Seelsorgende für Fernfahrer, sondern wollen auch deren Interessen in der Öffentlichkeit zur Sprache bringen. Für die Gespräche übersetzten mehrere Ehrenamtliche in insgesamt neun Sprachen.
Fernfahrer brauchen auch in Zukunft Aufmerksamkeit und Unterstützung. Die Initiative "Lenkpause" ist ein vorbildliches Beispiel, das auch bei den Autobahnkapellen auf anderen deutschen Autobahnen Nachahmung verdient.